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Dienstag, 07.05.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Schornstein beim Glaspalast soll fallen

Mit Fragen des Denkmalschutzes befasste sich gestern der Liegenschaftsausschuss der Stadt. Denkbar knapp, nämlich mit 7:6 Stimmen sprach er sich gegen den Erhalt des Schornsteins des Kesselhauses beim Glaspalast aus.

"Vielleicht macht der Denkmalschutz ja mental Fortschritte": Prof. Dr. Rolf Harzmann

"Vielleicht macht der Denkmalschutz ja mental Fortschritte": Prof. Dr. Rolf Harzmann


Rund 200.000 Euro würde der Abbruch der unter Denkmalschutz stehenden Schornsteinsäule kosten, so der Bericht der Verwaltung. Die einmalige Sanierung wäre mit 135.000 Euro ein Drittel günstiger, allerdings mit der Perspektive wiederkehrender Kosten für den Unterhalt, die die Stadt tragen muss. Die Kosten waren jedoch nicht das ausschlaggebende Argument für den Abbruch. Wolfgang Kronthaler (CSU) sah keine Notwendigkeit, den Schornstein stehen zu lassen. An keinem anderen Gebäude der Textilindustrie sei dies geschehen. Auch Bürgermeister Hermann Weber (CSU), dachte zweckorientiert und wies darauf hin, dass eine Nutzung nie mehr in Frage käme. Den Hinweis der Verwaltung auf den Denkmalschutz konterte Dr. Rolf Harzmann (Pro Augsburg) damit, dass man dann auch die Bismarckstraße unter Denkmalschutz stellen müsste, und zwar in ihrem derzeitigen Zustand. Möglicherweise mache der Denkmalschutz ja “mental Fortschritte” und könne einem Abbruch zustimmen.

“Zeugnis der Augsburger Textilgeschichte”

Der 65 Meter hohe Schornstein am Glaspalast - Bild: Kleeblatt-Film.de

Der 65 Meter hohe Schornstein am Glaspalast - Bild: Kleeblatt-Film.de


Für Rose-Marie Kranzfelder-Poth (FDP) war Wolfgang Kronthalers Hinweis, dass andere Schornsteine abgebrochen wurden, “genau ein Argument, diesen Kamin stehen zu lassen”. Er sei ein Zeugnis der Vergangenheit; als Mandatsträger habe man entsprechende Verantwortung gegenüber den nächsten Generationen. Auch Reiner Erben (Grüne) sprach sich deutlich für den Erhalt aus. Es sei fatal, im Textilviertel “alles abzuräumen”, was nicht mehr für die Textilindustrie erforderlich sei.

Trotz der Bedenken beschloss der Liegenschaftsausschuss gegen die Stimmen von SPD, Grünen und FDP, “den Weg des Abbruchs” zu gehen, wie es Wirtschaftsreferent Andreas Bubmann formulierte, und einen Abbruchantrag auszuarbeiten. Ob die Untere Denkmalschutzbehörde einem Abbruch zustimmt ist allerdings fraglich. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat sich bereits 1989 mit dieser Frage beschäftigt und Abbruchplänen eine klare Absage erteilt. Kesselhaus und Kaminanlage hätten überregionale Bedeutung und seien Zeugnis der Augsburger Textilgeschichte, ein Abbruch sei deshalb unvertretbar.