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Freitag, 22.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Der Schornstein am Glaspalast fällt nicht

Der Schornstein des Kesselhauses beim Glaspalast wird für rund 210.000 Euro dauerhaft saniert. Dies beschloss der Liegenschaftsausschuss der Stadt am gestrigen Montag einstimmig.

Zeugnis der Augsburger Textilgeschichte: Schornstein am Glaspalast - Bild: Kleeblatt-Film.de

Zeugnis der Augsburger Textilgeschichte: Schornstein am Glaspalast - Bild: Kleeblatt-Film.de


Damit revidierte der Ausschuss seinen Beschluss vom Mai 2010, wonach der „Weg des Abbruchs“ für das 65 Meter hohe Industriedenkmal gegangen werden sollte (DAZ berichtete exklusiv). Dass beim Schornstein Handlungsbedarf besteht, stellte der Bericht der Verwaltung klar: Eine Sanierung werde „dringend angeraten“. Ohne Instandsetzung sei die gesamte Bausubstanz kurzfristig gefährdet, es bliebe nur der Abbruch. Zur Vermeidung von Personenschäden für die Mitarbeiter des im Kesselhaus untergebrachten Instituts durch herabstürzende Fugen- und Steinteile habe man bereits einen Gerüsttunnel errichten müssen.

Bedenken äußerte Wolfgang Kronthaler (CSU), der das Geld für die Instandsetzung des Schornsteins lieber für die Sanierung von Schulen verwendet gesehen hätte. Für Reiner Erben (Grüne) war dies ein populistisches Argument: Eine solche Abwägung dürfe nicht stattfinden. Die Stadt müsse Mittel sowohl für Bildungseinrichtungen als auch für hochrangige Industriedenkmäler zur Verfügung stellen. Der Schornstein sei ein solches: Bereits 1989 habe das Landesamt für Denkmalpflege auf seine überregionale Bedeutung als Zeugnis der Augsburger Textilgeschichte hingewiesen und einem Abbruch eine Absage erteilt.

Lernprozesse und Rückkehr zur Tugend

Prof. Dr. Rolf Harzmann (Pro Augsburg), der dem Denkmalschutz vor einem Jahr wenig Verständnis entgegengebracht und auf „mentale Fortschritte“ desselben im Hinblick auf eine Abbruchgenehmigung gehofft hatte, konnte gestern auf seinerseitige Fortschritte in Sachen Denkmalpflege verweisen. Augsburg habe viele Schornsteine, weswegen man auf den einen oder anderen schon verzichten könne. Aber nicht alle hätten die Bedeutung wie der Schornstein beim Glaspalast, der als Bestandteil eines Ensembles erhaltenswert sei. Für seinen Lernprozess bekam Harzmann ein ausdrückliches Lob von Architekt und SPD-Stadtrat Stefan Quarg.

Karl-Heinz Schneider (SPD), der schon vor einem Jahr für den Erhalt des Schornsteins gestimmt hatte, begrüßte, dass nun auch die Regierungsfraktionen „zur Tugend zurückkehren“. Die von Wolfgang Kronthaler in den Raum gestellte Frage „Schule oder Schornstein“ stelle sich außerdem gar nicht. Der Schornstein verursache in jedem Fall Kosten, entweder für die Sanierung oder für den Abriss. Für diesen habe die Verwaltung mit 290.000 Euro sogar einen deutlich höheren Betrag ermittelt.

» Schornstein beim Glaspalast soll fallen