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Donnerstag, 25.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Ich habe eigentlich schon immer geschrieben“

Interview mit Literatur-Preisträgerin Uta Fuchs-Prestele

Am vergangenen Dienstag hat Uta Fuchs-Prestele den ersten Preis des Literaturwettbewerbs beim Bezirk Schwaben erhalten (siehe Artikel). Frank Heindl sprach mit ihr.

DAZ: Frau Fuchs-Prestele, wie lange schreiben Sie schon?

Fuchs-Prestele: Ich habe eigentlich schon immer geschrieben. Das hat schon mit dem Tagebuch angefangen, da habe ich teilweise schon in der dritten Person geschrieben.

DAZ: Und wir war’s mit dem Lesen?

Fuchs-Prestele: Auch gelesen habe ich schon immer wie eine Wahnsinnige.

DAZ: Also war die Karriere als Autorin schon früh klar?

Fuchs-Prestele: Das nicht. Ich habe nach dem Abitur in Passau erst mal in Regensburg eine Fremdsprachenausbildung gemacht. Aber da habe ich schnell gemerkt, dass ein Bürojob für mich nicht das Richtige wäre – also habe ich anschließend in Augsburg und Regensburg Germanistik und Kunstgeschichte studiert.

DAZ: Von welchen Autoren sind Sie beeinflusst?

Fuchs-Prestele: Ich lese erst mal alles, viel Belletristik, aber ich liebe auch die Lyrik über alles, auch die von Schubert oder Brahms vertonte. Einer meiner Lieblingsautoren ist immer noch Heinrich Böll – vor allem seine Erzählungen.

DAZ: Immer noch Böll? Ist seine Art von Nachkriegsklage nicht heutzutage schon ein bisschen veraltet?

Fuchs-Prestele: Nein, gar nicht! In seinen Erzählungen – zum Beispiel in „Als der Krieg ausbrach“ oder „Daniel der Gerechte“ oder „So ward Abend und Morgen“ – da geht’s doch nicht nur um die Nachkriegszeit, sondern mehr ums Zwischenmenschliche! Aber ich lese ja nicht nur Böll. Im Moment lese ich gerade die Bücher für den Abend beim „Augsburger Literaturgespräch“ Ende November, dann liegt hier Effi Briest, Carson Mc Cullers „The heart is a lonely hunter“ (Das Herz ist ein einsamer Jäger) lese ich gerade auf Englisch, türkische Autoren habe ich gerade entdeckt, zum Beispiel Dilek Özdemir und Feridun Zaimoglu, sehr gut gefallen hat mir in letzter Zeit von E.L. Doctorow „Homer & Langley“. Ich bin eine ausgesprochene Vielleserin.

DAZ: Das ist nicht zu überhören! Wie kam’s dazu?

Fuchs-Prestele: Jedenfalls war das nicht selbstverständlich. Ich stamme aus einem Elternhaus, in dem nicht gerade viel gelesen wurde, die Gymnasiumszeit war für mich eine Offenbarung, da habe ich in der Stadtbücherei zum ersten Mal tolle Bücher in die Hände bekommen.

DAZ: Gab’s ein literarisches Vorbild für die Erzählung „Höll Gasse 8“, mit der sie den Literaturpreis des Bezirks Schwaben gewonnen haben?

Fuchs-Prestele: Nein, gar nicht! Literarische Vorbilder wie Böll sind für mich hoch und unerreichbar!

DAZ: Hat die Erzählung denn autobiographische Bezüge?

Fuchs-Prestele: In der Höllgasse hat in der Tat eine Freundin von mir in der Volksschulzeit gewohnt. Die war Jüdin und mit der durfte ich deshalb nicht spielen. Seither reagiere ich sehr heftig, wenn ich auf Antisemitismus stoße. Da stehen absolut autobiographische Erfahrungen dahinter, der Antisemitismus war hier in meiner Kindheit noch ganz unmittelbar vorhanden. Das ist alles noch so nah da, das wirkt in den Schicksalen der späteren Generationen weiter, das hört nicht auf. Und insofern ist es natürlich kein Zufall, dass es auch in meiner Erzählung ein Thema ist.

DAZ: Frau Fuchs-Prestele, vielen Dank für das Gespräch.

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Fragen: Frank Heindl

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