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Dienstag, 16.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Kommentar: Geschmacklose Debatte um Seinschs Ausstieg

Selbstverständlich kann man Walther Seinschs überraschenden Ausstieg aus dem “operativen Geschäft” Lokalpolitik mit vorsichtigen Fragezeichen versehen: Bei der letzten Stadtratssitzung war er noch wutentbrannt und quietschfidel aus dem Plenum gestürmt, als er im Stadtrat qua SPD-Antrag wegen Befangenheit nicht an der Auseinandersetzung um das FIFA-Vertragswerk teilhaben durfte.

Ein “blinkender Akku” (Seinschs Erklärung in der Augsburger Allgemeinen) und “schwerwiegende gesundheitliche Gründe” (sein Brief an den OB) sind zwei ziemlich stark voneinander abweichende Begründungen, die auch von den Grünen mit Staunen zur Kenntnis genommen, aber lediglich unter der Hand in Frage gestellt wurden, während SPD-Fraktionschef Stefan Kiefer lärmend eine geschmacklose Debatte in die Stadt hinein streute. Dabei gibt es kaum eine einfachere Verhaltensformel in dieser Angelegenheit: Wenn jemand mit 68 Jahren aus gesundheitlichen Gründen zurücktritt, ist das öffentlich zu bedauern und mit Genesungswünschen zu begleiten. Alles andere ist schlechter Stil.

Die Debatte um Seinsch hat nicht nur den beiden SPD-Chefs Kiefer und Schneider Autoritätsverluste im eigenen Lager beschert, sondern auch den Ruf des gesamten Stadtrats aufs Spiel gesetzt. Wäre die Augsburger SPD-Fraktion nicht beinahe geschlossen der politisch korrekten Position von Susanne Fischer gefolgt, hätte sie sich bis auf die Knochen an diesem Thema wundgescheuert und sich mit unabsehbaren Folgen als rabaukenhafte Haudrauftruppe isoliert.

Siegfried Zagler