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Freitag, 19.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Der Oberbürgermeister im großen DAZ-Interview (6)

Seite 6: Das Image der Stadt: Profil der Maxfeste, das Potenzial des FCA und die „Lebe mich“-Kampagne

  • Das Anforderungsprofil der Maxfeste

DAZ: Wir haben noch gar nicht über die „Jahrhundertbeschlüsse“ zur Umsetzung des Innenstadtwettbewerbs gesprochen. Kernproblem ist die gegenläufige Verkehrsführung des MIV über die Schießgrabenstraße/ Schaezlerstraße sowie der Knotenpunkt Kaiserhofkreuzung. Das ist ein dickes Brett und Stoff genug für ein eigenes Gespräch, das nur den Innenstadtwettbewerb thematisiert.

Gribl: Einverstanden.

DAZ: Schauen wir dennoch ein wenig genauer auf die Nutzung der Maximilianstraße: Max09 war aus unserer Sicht zu konzeptlos, wie alle anderen Maxfeste auch.

Gribl: Ich weiß, ich hab es wahrgenommen.

DAZ: Das Konzept besteht lediglich darin, dass man massenhaft junge Leute zum Alkoholkonsum und Pommesverzehr auf die Maxstraße lockt.

Gribl: Gab es da Pommes Frites?

DAZ: Sicher – nicht nur Pommes, sondern alles, was man schnell essen kann. Currywurst, Döner …

Gribl (lacht): Das behaupten Sie doch einfach, um das Ganze abzuwerten.

massenhaft auf- und abmarschieren - Max09

massenhaft auf- und abmarschieren – Max09

DAZ: Wir behaupten ganz einfach, dass das Gesamtkonzept in die Richtung geht, dass man als Stadt die Maxstraße zur Partymeile definiert und damit die eigenen Bestrebungen, nämlich die nächtlichen Auswüchse am Wochenende in den Griff zu bekommen, konterkariert.

Gribl (lacht): Ein Widerspruch.

DAZ: Ist es aus ihrer Sicht nicht so?

Gribl: Ich bin entschieden anderer Auffassung. Aber wird reden ja anständig darüber.

DAZ: Also gut. Wir sehen kein künstlerisches Gesamtkonzept, wie das zum Beispiel bei X-Large der Fall war. Wir sehen in erster Linie Szene-Gastronomie, die das einbringt und abspult, was Sie immer tut, wenn Wochenende ist. Wir sehen massenhaft Leute auf- und abmarschieren, und dabei die Musik nebenbei zur Kenntnis nehmen. Es gab bei Max09 zwei interessante Bühnen mit Publikum, das zuhörte und Musik zum Mittelpunkt machte, aber ansonsten …

Gribl: Okay, es geht doch um die Frage, welches Anforderungsprofil für diese Veranstaltung formuliert wird. Dass damit die Maxstraße stigmatisiert wird, bestreite ich. Wir haben ebenso das Großkonzept des Allgäu-Schwäbischen-Musikbundes in der Maximilianstraße mit über 900 Musikanten …

DAZ: Für einen Nachmittag …

Gribl: Ja natürlich, und ich werde versuchen, diese Veranstaltung wieder nach Augsburg zu holen, oder eine vergleichbare. Punkt eins: Die Maximilianstraße gehört allen, und deswegen müssen auch Angebote formuliert werden, die an alle adressiert sind. Zweiter Punkt ist der Anspruch der Veranstaltung. Es gibt Bühnen, es gibt Events, es gibt Essen, es gibt Trinken. Sie sagen selbst, es sind Menschenmengen da. Die Menschen gehen aber nicht dort hin, weil sie dazu gezwungen werden, sondern weil sie sich da wohl fühlen, weil es ihnen dort gut geht und sie Spaß haben. Natürlich kann man dabei meckern und den künstlerischen Anspruch bekritteln. Aber es muss doch auch einmal eine Veranstaltung geben können, die – was den künstlerischen Anspruch betrifft – auf einem niedrigeren Level stattfindet. Das Dritte ist der Alkoholmissbrauch, den sie als Widerspruch zu anderen Maßnahmen der Stadt angesprochen haben. Nun, wir haben keine einzige Beschwerde aus der Abwicklung des Maxfestes heraus gehabt. Ich war jeden Abend persönlich bei den Sicherheitskräften, um zu sehen wie es läuft und es ist sehr friedlich abgelaufen. Deshalb sage ich: lasst halt den Leuten – so wie Sie in den Biergarten gehen und ihren Spaß dabei haben – auch beim Maxstraßenfest ihren Spaß.

DAZ: Die Leute machen doch in diesen drei Nächten nichts anderes als das ganze Jahr über am Wochenende; nur eben in der größeren Masse. Das gesamte Jahr über gilt doch, dass am Wochenende eine Vielzahl von mehr oder weniger betrunkenen Menschen auf der Maxstraße anzutreffen ist, ohne dass dabei Ärger oder Gewalt entstehen müssen. Allerdings wird die Gesamtatmosphäre am Wochenende davon bestimmt. Die Gastronomie in der Maxstraße hat sich zu einer aggressiven Jugendgastronomie entwickelt und die Aufenthaltsqualität lässt auf der Maxstraße am Wochenende immer mehr nach je später es wird.

Gribl: Das sind aber zwei paar Stiefel. Wir waren eben noch bei Max09. Beim Thema Maximilianstraße bin ich völlig ihrer Meinung. Das ist ein Unding, das man so nicht mehr hinnehmen kann. Es gehört Leben in die Maximilianstraße, das ist okay. Aber in einer Art und Weise, dass keiner in seinen Freiheitsrechten oder in seinen Schutzansprüchen verletzt wird. Es darf nicht so sein, dass es Exzesse gibt und dass die Leute mit Lärm und Schmutz belästigt werden. Die richtige Linie dabei zu finden ist nicht einfach. Einfach wäre es zu sagen, wir verlängern die Sperrzeit. Ich sehe aber in dem differenzierten Maßnahmenpaket der Stadt eben gerade die Chance, eine Sperrzeitverlängerung zu vermeiden. Natürlich nur dann, wenn tatsächlich gelingt, die Symptome dieser Nutzung auszuräumen. Von daher sehe ich unser Maßnahmenkonzept für die Maxstraße als echten Versuch an. Aber jetzt haben wir das Maxfest inhaltlich verlassen.

DAZ: Aber das liegt doch eng beieinander.

Gribl: Da haben wir eine unterschiedliche Auffassung. Gestehen wir uns das schlicht zu.

DAZ: Natürlich. Die Augsburger sind bei den Maxfesten eh selten vertreten.

Gribl: Ich habe dort viele Augsburger getroffen.

DAZ: Wir wenige. Aber gut, lassen Sie uns das Thema wechseln.

Gribl: Gerne.

  • Der FCA: Image- und Identifikationspotential für Augsburg?

DAZ: Dann suchen wir mal nach einem Thema, bei dem wir näher zusammen liegen. Nehmen wir mal den FCA. Wir sehen da großes Potential in Bezug auf Identifikation der Bürger mit der Stadt und darüber hinaus die Chance einer bundesweiten sehr positiven Imagebildung für die Stadt, wenn es dem FCA gelänge, sich an der Spitze der zweiten Liga zu halten oder in die erste Liga aufzusteigen. Läge nicht dort das größte positive Potential in Bezug auf Identifikation und positive bundesweite Imagebildung?

Gribl: Ja, das halte ich für zutreffend. Es kann aber auch in eine andere Richtung gehen. Wir hatten eine ganz problematische Diskussion im Zusammenhang mit der Absage des Spiels in Dillingen. Aber dass es ein riesiges Imagepotential gibt ist unbestritten, was aber nichts daran ändert, dass wir noch viele Einzelkonfliktpunkte bestehen müssen, die sich aus den Nachwehen des Stadionbaus ergeben haben.

DAZ: Können Sie sich nicht vorstellen, dass es Herrn Seinsch mit seinem verdienstvollen Groß-Engagement FCA/Stadionbau ähnlich geht, wie Ihnen bei der Kritik an der neuen Stadtbücherei? Seinsch hat für Augsburg immerhin ein seit Jahrzehnten brachliegendes Feld bestellt. Nun sieht er sich und den FCA mit der Stadtverwaltung im viel zu harten Clinch, weil dem FCA wegen – wie Sie sagen würden – „nice to have“-Dingen die Mittel fehlten und deshalb die Stadt viel zu empfindlich und undankbar reagierte.

Gribl: Aber nicht doch. Wie kommen Sie nur darauf? Beim Thema Fassade – und ich nehme an, dass Sie darauf abzielen – sind Stadt und Stadtrat dem FCA doch sehr weit entgegengekommen. Der FCA hatte den Augsburgern eine chice Glasfassade angekündigt und hat dann aus nachvollziehbaren Kostengründen davon Abstand genommen. Wir sind auf dem besten Weg zu einer Lösung, die alle Beteiligten zufrieden stellen kann. Im Übrigen ist doch auch die Sache mit dem Kombi-Ticket sehr gut gelöst worden. Also wir wissen schon, was wir am FCA haben und ich bin sicher, dass gilt umgekehrt genauso.

DAZ: Beim Eröffnungsspiel gegen die Schwabenamateure waren Sie hochkonzentriert während des kompletten Spiels bei der Sache und haben bei der Welle (la ola) mitgemacht und dabei stets im richtigen Moment mit dem Roaring ihren Einsatz getroffen. Das war nicht halbherzig mitgemacht, sondern sehr engagiert. Waren Sie schon immer FCA-Fan?

Gribl: Nein, es wäre falsch zu sagen, ich sei immer schon FCA-Fan gewesen. Ich würde mich auch nicht als echten Fan bezeichnen, der während eines Spiels ja noch ganz andere Dinge macht. Aber ich lasse mich natürlich begeistern und verfolge das Spielgeschehen intensiv mit.

  • Die „Lebe mich“-Kampagne
Lebe mich - Schriftzug am Kö

Lebe mich – Schriftzug am Kö

DAZ: Die „Lebe mich“-Kampagne hat Sie auch begeistert, und sie ist ein richtiger Erfolg geworden. Das geht ja auch in die Richtung, man solle die Stadt als Freund, Freundin wahrnehmen, als etwas, was lebt, als eine Person aus Fleisch und Blut. Die Augsburger Allgemeine ist mit einer Leserkampagne eingestiegen. Die Resonanz war riesig, jetzt stehen Sprüche am Boden, also bitte jetzt noch mal ein Kurzstatement: Welches Ziel verfolgt die Kampagne, wer hat sie entwickelt, wer hatte die Idee?

Gribl: Also, die Notwendigkeit positiv in die Stadt zu wirken, ist entstanden in einem Gespräch, das Popkulturbeauftragter Rich Goerlich, Raphael Brandmiller als Vorsitzender des Stadtjugendrings, mein persönlicher Referent Ulrich Müllegger und ich irgendwann im Zusammenhang mit der Maxstraßen-Diskussion geführt haben. Wir waren damals mitten in der Sperrzeitdiskussion. Rich Goerlich und Raphael Brandmiller waren der Auffassung, dass eine Sperrzeitverlängerung das Leben in der Maxstraße sterben lasse. Ich habe dafür plädiert, dass die jungen Leute dafür sorgen müssen, dass die Stadt als Stadt respektiert werde, dass sich die Menschen selber respektieren, dass nicht Konfrontationen aufgebaut werden, sondern mit positiven Signalen und guter Stimmung gearbeitet wird. Das war in Kürze der Inhalt des Gesprächs. Daraus ist die Idee entstanden, eine solche Selbstidentifikationskampagne zu machen, die sich dann zur Imagekampagne entwickeln kann und soll.

DAZ: Wie kam es schließlich zur Realisierungsphase?

Gribl: Es ist dazu ein Pitch gemacht worden, dann ist die Agentur m&m ins Boot gekommen. Dadurch ist sozusagen der Mechanismus entstanden, mit diesen Schriftzügen zu arbeiten in Form von direkter Rede zwischen Individuum und Stadt. Ich weiß, dass die Augsburger stolz sind auf ihre Stadt. Nur, diese Begeisterung auch zu leben und anzunehmen, das fällt ihnen gelegentlich noch schwer. Ich möchte, dass die Menschen ihre Stadt nicht nur als Körperschaft des öffentlichen Rechts empfinden, sondern dass die Stadt etwas ist, das einem auf Augenhöhe begegnet und mit einem auf einer Beziehungsebene kommuniziert. Wenn sich diese Beziehungsebene etabliert hat, dann ist etwas da, was auch als Erkennungsmerkmal der Stadt wahrgenommen werde kann: nämlich ein ganz spezieller Spirit, der in der Stadt herrscht.

DAZ: Wird die Aktion noch ausgebaut? Kommt da noch was nach? Oder ist bereits alles fertig konzeptioniert?

Gribl: Es gibt ja schon viele, die auf die Aktion aufgesprungen sind. Die Begeisterung ist da. Ich plädiere dafür, dass sie nicht einfach abgebrochen sondern fortgeführt wird. Das muss nicht zwanghaft und nicht immer sein. Der Mechanismus ist ja über tragbar auf alles: aufs Theater etwa, oder darauf, wie ich mit den Leuten kommuniziere. Ich habe erst vor ein paar Tagen gesagt, dass wir täglich Tausende von Briefen mit einem ziemlich langweiligen Briefkuvert rausschicken, anstatt eine von diesen sympathischen Anreden auf den Briefumschlag zu setzen. Das sind Dinge, die nicht unbedingt Geld kosten müssen. Aber wir sollten irgendwo immer ein Augenmerk darauf haben, wie wir Botschaften transportieren. Es ist also vorgesehen, die Kampagne „Lebe mich“ fortzuführen.

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